Die nochmalige Verlängerung des Lockdowns bis zum 7. März ist ein weiterer herber Schlag für den stationären Fashionhandel. Das Desaster der Fashionbranche wird sich trotz der von Verbänden und einzelnen Unternehmen immer wieder vorgetragenen Argumente für sichere Öffnungsszenarien weiter fortsetzen. Nach Berechnungen des BTE Handelsverbands Textil werden dem stationären Fashionhandel selbst im umsatzschwachen Februar jede Woche mehrere hundert Millionen Euro Umsatz verloren gehen. „Per Ende Februar dürften sich die Verluste des Winter-Lockdowns in den Textil-, Schuh- und Lederwarengeschäfte damit auf rund 15 Mrd. Euro aufsummiert haben“, rechnet BTE-Hauptgeschäftsführer Rolf Pangels. Viele Händler und Unternehmen haben zwischenzeitlich auch ihre Rücklagen und Reserven aufgebraucht. Die Gefahr vermehrter Insolvenzen steigt von Tag zu Tag. Und vor allem auch die Mitarbeiter der Branche haben immer mehr Angst um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Im März wird sich diese Situation noch einmal dramatisch verschärfen. Denn der Start in die Frühjahrsaison und speziell die Wochen vor Ostern sind für die Fashionbranche eine der wichtigsten Verkaufszeiträume. „Wenn die Geschäfte dann noch geschlossen sind, wird das vielen Fashionhändlern endgültig das Genick brechen und zusätzliche Leerstände in den Innenstädten hinterlassen!“, prognostiziert Pangels.
Unverständlich ist nach Einschätzung des BTE die weitere Schließung der Geschäfte auch deshalb, weil zahlreiche und unabhängig voneinander erstellte Studien und Gutachten belegen, dass der stationäre Einzelhandel kein Hotspot für Corona-Infektionen ist. Pangels: „Der Fashionhandel leistet also ein sinnloses Sonderopfer zur Pandemiebekämpfung, während so manch dubiose online Verkaufsplattform von der Politik mit zusätzlichem Umsatz und Gewinn beglückt wird. Die Politik opfert derzeit die Fashionbranche auf dem Altar einer scheinbar einzig möglichen Strategie zur Covid-Bekämpfung: der Schließung von Geschäften“.
Die deutsche Möbelindustrie reagierte ebenfalls mit Bestürzung auf die neuen Corona-Beschlüsse. „Wir kritisieren, dass weiterhin eine Perspektive für die Öffnung des Einzelhandels fehlt“, sagt Jan Kurth, Geschäftsführer der Möbelverbände (VDM/VHK). In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich der VDM mit einem konkreten Maßnahmenpaket für eine abgesicherte Öffnung des Möbelhandels spätestens ab 1. März stark gemacht. „Durch die unerwartete Absenkung der Inzidenzgrenze von 50 auf 35 wird eine Öffnung noch einmal zusätzlich erschwert“, kritisiert Kurth. „Für die deutsche Möbelindustrie bedeutet die Verlängerung des Lockdowns bis 7. März eine weitere dramatische Verschlechterung der Auftragslage“, stellt der Geschäftsführer weiter fest. Schon im Januar sind die Auftragseingänge laut der Verbandsstatistik drastisch zurückgegangen – in der Spitze um mehr als 80 Prozent. Für den Monat Februar plant laut einer verbandsinternen Umfrage gut die Hälfte der befragten Möbelhersteller Kurzarbeit. „Die Schließung der Möbelhäuser schlägt voll auf die Industrie durch – mit Folgen für die Arbeitsplätze und den Produktionsstandort Deutschland“, berichtet Kurth. „Aus dem langen Lockdown könnte für einige Hersteller schließlich ein Knockout werden.“
In den Beschlüssen des Corona-Gipfels sieht der Handelsverband Deutschland (HDE) einen klaren Wortbruch der Politik. Das Versprechen eines Konzeptes für eine sichere sowie faire Öffnungsstrategie und damit für einen transparenten Plan zum Wiederhochfahren der Wirtschaft wurde leichtfertig gebrochen. Viele Einzelhändler bringe das in eine ausweglose Lage. So gibt in einer aktuellen HDE-Umfrage mehr als die Hälfte der vom Lockdown betroffenen Einzelhändler an, ohne weitere staatliche Unterstützung das laufende Jahr nicht überstehen zu können. „Die Corona-Beschlüsse werden der Realität im Einzelhandel nicht gerecht. Die Politik hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht und bleibt in dieser für uns alle dramatischen Situation den vor Wochen versprochenen Plan zum Ausstieg aus dem Lockdown schuldig“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Dieser Umgang mit den rund 200.000 vom Lockdown betroffenen Handelsunternehmen sei unangemessen und unverständlich. Die Branche habe mit ihren funktionierenden Hygienekonzepten nachweislich dafür gesorgt, dass der Einkauf auch in Pandemiezeiten sicher ist.